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Predigt von Stadtdechant Pfarrer Michael Janßen anlässlich des Requiems für Weihbischof em. Dr. h.c. Franz Grave in St. Mariae Geburt in Mülheim an der Ruhr am 27. Februar 2022

Liebe Schwestern und Brüder,


„Mundi Salvator Dominus – Der Erlöser der Welt ist der Herr!“ Dieses Leitwort, das sich Weihbischof Grave zur Bischofsweihe im Mai 1988 gegeben hat, das ist ein starkes Glaubensbekenntnis! Es ist sein unzerbrechliches Lebensfundament, auf dem er zeit seines Lebens gestanden hat. Und dieses Fundament hat seine tiefsten Wurzeln in seinem Elternhaus in Essen-Frohnhausen. Hier fand dieses Fundament seine Bodenständigkeit und seine tiefe Verbundenheit mit den Menschen. Immer ging es ihm zuerst um den Menschen – und egal, wer da gerade vor ihm stand. Dabei schlug sein Herz mit größter Leidenschaft für die Ärmsten der Armen. Er sagte mir einmal: Wenn ich dereinst vor meinem Herrn stehe, dann wird er mich wohl nicht fragen, was ich alles für die Strukturen unserer Kirche getan habe; er wird mich aber eindringlich fragen: Was hast du für die Ärmsten der Armen getan?

Fest auf seinem Lebensfundament stehend, führte ihn sein priesterlicher und bischöflicher Lebensweg und Glaubensweg über die ihn nach seiner Priesterweihe tief prägenden Jahre als Kaplan in Duisburg-Beeck, die Jahre als Diözesanpräses der Kolpingfamilien und der Katholischen Arbeitnehmerbewegung, wo es galt, die katholische Soziallehre mit Leben zu füllen. Es folgten über zwei Jahrzehnte als Leiter des Seelsorgeamtes im Bischöflichen Generalvikariat. Für ihn war schon immer klar, dass hauptamtliche Seelsorge und ehrenamtliches Laienapostolat sich gegenseitig nur bereichern können. 1988 ernannte ihn Papst Johannes Paul II. dann zum Titularbischof von Tingaria in Mauretanien und zum Weihbischof in Essen.

Aus meiner Sicht wäre Weihbischof Grave auch ein herausragender Bischof von Essen gewesen, ein echter Ruhrbischof, aus den Menschen des Ruhrgebietes genommen und für die Menschen bestellt! Aber seine ganze Zeit und Kraft sollte er in besonderer Weise einsetzen können für die Ärmsten der Armen. So wollte es wohl die göttliche Vorsehung, dass er 1992 Adveniat-Bischof wurde. Papst Johannes Paul II. berief ihn in die Päpstliche Kommission für Lateinamerika. Bischof Dr. Hubert Luthe ernannte ihn zum Bischofsvikar für weltkirchliche und gesellschaftliche Aufgaben. So setzte sich Weihbischof Grave in vielfältiger Hinsicht mit größter Leidenschaft dafür ein, dass das Gesicht des Erlösers immer das Gesicht der Menschen ist, dass uns im hungernden und in vielfältiger Hinsicht leidenden Menschen immer das Gesicht Jesu Christi anschaut.        

Wie sehr das Herz unseres Verstorbenen für die Ökumene schlug, das wird beispielsweise deutlich an der freundschaftlichen Verbundenheit zum damaligen Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland Nikolaus Schneider. Dieser hielt einmal mit Blick auf Weihbischof Grave die Festansprache und sagte am Ende zum damaligen Bischof von Essen sinngemäß folgende Worte: Herr Bischof Dr. Genn, Sie müssen wissen, dass Ihr Weihbischof Grave auch immer ein Stück weit unser Bischof ist. 

Als ich am 19. Februar von Familie Grave die Todesnachricht erhielt, dachte ich mir: Jetzt verstummt endgültig mit Weihbischof Grave für unser Bistum Essen und mit Blick auf das Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat für die Weltkirche die Stimme einer der ganz großen deutschen Bischöfe. Sein Wort hatte überall Gewicht. Sein unverwechselbares Herz schlug als Seelsorger in verschiedenster Hinsicht für die Anliegen, Sorgen und Nöte der Menschen im Ruhrgebiet und weltweit für die Ärmsten der Armen. Der Mensch stand für ihn bei allen Fragen, Überlegungen und Entscheidungen immer im Mittelpunkt. Ich werde nicht müde, zu sagen: Wir können den Menschen nicht vom „guten, lieben Gott“ erzählen, wenn wir ihnen nicht zuvor etwas zu essen geben! Genau das war auch das Herzensanliegen von Weihbischof Grave. Für ihn hatte die Verkündigung des Evangeliums immer zur Folge, aus christlicher Verantwortung heraus unsere Gesellschaft zu gestalten. Einig waren wir uns auch: Wir haben als Kirche zwar keinen politischen Auftrag, aber eine Botschaft, die nicht ohne politische Folgen bleiben kann! Und wenn unser christliches Menschenbild mit Füßen getreten wird, dann stehen wir auf und sprechen mit vereinter christlicher Stimme; und wenn es sein muss, gehen wir dafür auch auf die Straße!     

Nach seiner Emeritierung im Jahr 2008 als Weihbischof von Essen war er mit großer Leidenschaft als Seelsorger in St. Mariae Geburt und auch im Stadtdekanat Mülheim an der Ruhr tätig. In allen Kirchen unserer Pfarrei hat er mit uns die hl. Messen gefeiert, die Sakramente gespendet, die Verstorbenen zu ihrer letzten Ruhestätte begleitet. Sehr beliebt waren seine überzeugenden, leidenschaftlichen Predigten. Er war ein hervorragender, feinfühliger Gesprächspartner. Sehr gefragt war in vielerlei Hinsicht sein Rat. In vielen seelsorglichen Bereichen unserer Pfarrei wirkte er verantwortungsvoll mit.

Als ehemaliger Adveniat-Bischof schlug sein Herz leidenschaftlich für die Ärmsten der Armen. Unvergessen sind die Besuche von verschiedenen Bischöfen aus Lateinamerika in St. Mariae Geburt auf unserem Kirchenhügel. Meistens am Vorabend des ersten Adventssonntags haben wir im Rahmen der Vorabendmesse und anschließender Gespräche die Weihnachtsaktion der bischöflichen Hilfsorganisation Adveniat für Lateinamerika hier vor Ort „im kleinen“ eröffnet. Höchst interessant waren die Worte unserer Gäste, die aus den unterschiedlichen Orten ihrer Heimat berichteten. Dabei war durchgängig (oft beschämend) festzustellen, auf welch hohem Niveau wir hier klagen, wenn die Bischöfe durchblicken ließen: Eure Probleme in Deutschland, die möchten wir haben. Ich persönlich wurde jedes Mal auf den Boden der Tatsachen geholt. Die „katholische Nabelschau“ und das erschreckende „Kirchturmdenken“ wurden aufgebrochen mit dem Blick darauf, dass unsere Kirche weit mehr ist als Kirche in Deutschland, nämlich Weltkirche! Oft konnten wir mit den Bischöfen Lateinamerikas dann auch zu Gast in unserem Rathaus sein, sodass auf diese Weise einmal mehr die hervorragende Verbundenheit zwischen unserer Stadt Mülheim an der Ruhr und unseren christlichen Kirchen zum Ausdruck kam. 

In bleibender Erinnerung sind für mich die ökumenischen Trauermetten in der Karwoche. Weihbischof Grave machte immer wieder berühmte Persönlichkeiten aus Kirche, Politik, Kultur und Gesellschaft ausfindig, die in den Trauermetten Ansprachen hielten zu aktuellen Themen der Zeit.

Sehr gerne denke ich zurück an unsere Besuche in den verschiedenen Unternehmen und Betrieben in Zusammenarbeit mit der „Agentur für Arbeit“, die ich mit Weihbischof Grave erleben durfte. Wie bereichernd waren die Gespräche mit den jungen Menschen und den Verantwortlichen, wenn wir für noch mehr Ausbildungsplätze für Jugendliche Werbung machten. „Eine Schüppe drauflegen …“, das war unser Anliegen. Die Erfahrungen ließen wir dann in eine Sonntagsmesse mit einfließen und in einer „Dialogpredigt“ die Verantwortlichen und die jungen Menschen selbst zu Wort kommen. Unvergessen ist auch das „Ausbildungs-Camp“, das wir ebenfalls mit der „Agentur für Arbeit“ in ökumenischer Verbundenheit auf den Weg brachten. Jugendliche, die keinen Ausbildungsplatz fanden, wurden in den Sommerferien im Katholischen Stadthaus auf dem Kirchenhügel theoretisch auf Bewerbungssituationen vorbereitet. Danach erhielten sie die Möglichkeit, ein Firmenpraktikum zu absolvieren und wurden in den meisten Fällen in einem Ausbildungsverhältnis weiter beschäftigt.

Dankbar und menschlich sehr bereichernd erinnere ich mich an unsere gemeinsamen Besuche bei den Flüchtlingen in unserer Stadt Mülheim an der Ruhr!

Immer wieder betonte Weihbischof Grave, dass seine Zeit in St. Mariae Geburt und im Stadtdekanat Mülheim an der Ruhr mit die schönste Zeit seines Lebens war, weil er hier „Seelsorger vor Ort“ sein konnte.

Ich persönlich verliere mit Weihbischof Franz Grave einen meiner großen geistlichen Väter, mit dem mich eine echte väterliche Freundschaft verbunden hat. Sein Rat war für mich immer von höchster Bedeutung. Wie gerne denke ich zurück an die ungezählten Gespräche in seinem Gartenhaus auf der Raumerstraße in Frohnhausen! Nie vergessen werde ich den ganz dichten Augenblick, als ich ihm im September des vergangenen Jahres, bevor er ins Seniorenheim St. Martin in Essen-Rüttenscheid kam, auf Wunsch und im Kreise seiner Familie in seinem Haus in Essen-Frohnhausen das Sakrament der Krankensalbung spenden durfte. Was er mir in dieser Stunde mit auf meinen weiteren Lebensweg und Glaubensweg gegeben hat, das hat sich mir zutiefst eingeprägt - ich vermisse Weihbischof Franz Grave sehr!

Sein Tod ist traurig und erlösend zugleich. Denn seine körperlichen Kräfte reichten einfach nicht mehr aus, um hier auf Erden weiter leben zu können. So hat er sein für die Menschen und unsere christliche Kirche mehr als reichhaltiges Leben im Alter von 89 Jahren in die Hände unseres Schöpfers zurückgegeben.     

„Lieber Herr Weihbischof Grave, lieber Franz, du bist nun heimgekehrt zu Gott und du weißt jetzt mehr, als wir alle hier zusammen. Ich persönlich werde nie vergessen, was du mir innerlich bei deiner Krankensalbung mit auf den Weg gegeben hast: Wenn ich zum Herrn gehe, dann darfst du weinen und traurig sein. Aber dann lass deine Tränen unserem wunderbaren christlichen österlichen Glauben weichen. Dann mache in unserem Sinne weiter: Verkünde, gelegen oder ungelegen, die christliche Botschaft, setz dich ein, misch dich ein und erhebe deine Stimme, und lass dein Herz weiterhin schlagen für die Ärmsten der Armen! Und sorge mit dafür, dass unsere Kirche sich erneut zutiefst erneuert – und das in allererster Linie mit Blick auf Jesus Christus und unsere frohe christliche Botschaft! Das habe ich dir versprochen und ich wiederhole es in dieser Stunde noch einmal! Und was du mir mit auf den Weg gegeben hast, das gilt sicherlich auch für uns alle! Ich bin überzeugt, dass dabei Ungezählte vom christlichen Glauben Überzeugte mitmachen werden.

Und was ich abschließend sage, das willst du, wie ich dich kenne, nicht hören, aber ich sage es trotzdem, sicherlich auch im Namen aller hier Anwesenden: Ich verneige mich vor dir in größter Ehrfurcht und in tiefster Dankbarkeit!
Und jetzt: „Glück Auf!“

Lieber Herr Weihbischof Grave, lieber Franz: Auf Wiedersehen im Reich unseres Gottes!“